Die Frage, warum die Seez nicht wie die Tamina direkt in den Rhein fliesst, sondern in Mels Richtung Walensee abgebogen wird, treibt mich immer noch um. Von Auge ist die kleine Wasserscheide bei Mels nicht sichtbar. Sie ist auch nicht spürbar, als ich von der Biegung der Seez in Mels nach Sargans laufe. Die Karte zeigt nicht genügend Höhenmeter-Punkte im Gelände an. Vermutlich liegen Kirche und das Klostergelände in Mels leicht erhöht und versperren der aus dem Weisstannental kommenden Seez den direkten Weg in den Rhein.
Ich laufe an diesem sommerlichen Herbsttag vom Seez-Ufer in Mels via Sargans, die Rheinau an das Rheinufer und von dort den Fluss hinauf bis zur Mündung der Tamina in Bad Ragaz. So gibt es seit heute von mir aus zu Hause eine direkte Fussweg-Verbindung via Zürichsee, Linthkanal, Walensee, das Seeztal bis zum Rhein bei Sargans und das Bündnerland. Sie ist kürzer als die bestehende entlang der Limmat, der Aare und den Rhein hinauf ab Koblenz. Unterwegs habe ich noch das Bild oben geschossen.
Weil ich aus terminlichen Gründen die Hotels für eine Mehrtagestour am Doubs nicht reservieren konnte, habe ich einen langen gehegten Wunsch umgesetzt, entlang des Flüelabaches Richtung Flüelapass zu wandern, wenigstens in einer ersten Etappe ein Stück weit. Der Flüelabach ist der Quellbach der Landwasser. Das Bild zeigt, wie reizvoll ihr Herkunftsgebiet ist.
Das Verzasca-Projekt war unterbrochen, weil ich im Oktober 2017 die Zeh verstaucht habe. Es ist nicht sinnvoll, allein auf dem ohnehin einsamen, weiten Bergweg ins unbewirtete Rifugio Barone aufzusteigen, das in der Nähe der Quelle liegt. Ich habe mich so weit wie möglich, dem Quellgebiet angenähert, um danach wieder nach Sonogno abzusteigen.
Bei kaum einem Alpenfluss kann so leicht zugänglich beobachtet werden, wie er durch mehrere Gletscher und schäumende Gletscherbäche beliefert wird. Die Dranse selber hat ihre Haupt-Quelle im Otemmagletscher. Deshalb bin ich bis zur nahen Cabane de Chanrion aufgestiegen, um dieser faszinierenden Gletscherwelt näher zu kommen. Weil ich beim Eindunkeln den Weg zur Hütte verpasst habe, musste ich die Nacht auf fast 2’500 m.ü.M. draussen verbringen. Das kann im Logbuch nachgelesen werden.
Von der Wiese oberhalb des Dorfes Arth-Goldau sieht der Gipfel der Rigi zum Greifen nahe. Das täuscht. Es liegen noch etwa 1’200 Höhenmeter vor mir. Meine Route ist als T2 Wanderweg klassiert. Offizielle Wegzeit ab Bahnhof vier Stunden 10 Minuten, für mich natürlich wesentlich länger. Es ist das richtige, um meine Motorik zu fordern und meinen Körper zu ertüchtigen. Unterhalb des Gipfels besuche ich den Senn Franz-Tony Kennel und seine Alpwirtschaft. Er freut sich, dass ich immer noch hochsteigen kann. Am besten munden die mit seinem Alpkäse gemachten Käseschnitten bei ihm.
Zur Ertüchtigung habe ich die einfache Wanderung über den Kunkelspass von Tamins nach Vättis unternommen. Ich bin alles dem verkehrsarmen Strässchen entlang gelaufen, das nur im Bereich des Passes gekiest ist. Die Galerien des Tunnels vor dem Pass bieten einen atemberaubenden Blick auf urweltlich wirkende Felsköpfe.
Wer das selber unternehmen will: Tamins bis Vättis etwa viereinhalb Stunden Gehzeit. Wirtschaft auf der Passhöhe, aber auch in Oberkunkels. Die überwiegende Mehrheit fährt Rad.
Eine Episode: Beim Abstieg nach Vättis kreuze ich einen Mann, der mich spontan erkannt hat. Wir haben uns im Jahr zuvor auf der Alp Sardona unterhalten. Er sagt spontan: Ich bin der Sepp und wir grüssen uns. Er wird heute von seiner jungen Frau samt Baby im Kinderwagen begleitet. Er wohnt in Vättis. Er hat riesige Freude, dass ich noch zu Fuss unterwegs bin.
Um ein besseres Bild der nicht von einem Wanderweg erschlossenen Rabiusa-Quelle zu erhalten, bin ich nochmals zum Turrahus hochgefahren, dieses Mal aber auf dem Weg Richtung Safierberg entlang gegangen. Weiter als über die Brücke des Gletscherbaches bin ich nicht gekommen. Es hat gereicht, ein akzeptables Bild über das Quellgebiet zu erhalten. Dann hat sich das Wetter eingetrübt.
Auf dem Bild links ist die Tafel mit den historischen Wasserständen sichtbar. Einer der Hochwasserstände war 1987. Endlich bin ich dazugekommen, von Reichenau nach Trin zu wandern und die Tafel in Ruhe anzuschauen, an der ich im Zug rechts auf dem Bild unzählige Male vorbei gebraust bin. Von Trin aus bin ich nach Versam weitergelaufen. Es ist eine einfache, gemütliche Wanderung gewesen.
Die Quelle der Rabiusa ist auf normalem Wander- oder Bergweg nicht erreichbar. Ich habe versucht, mich ihr anzunähern, indem ich auf die Alp Piänetsch gestiegen bin, um wenigstens einen Blick auf das Bärenhorn zu erheischen, unter dem die Quelle liegt. Die aufkommende Gewitterstimmung hat mich am Weitergehen gehindert, um eventuell noch eine bessere Sicht zu erlangen. Vielleicht gibt es einen neuen Versuch der Annäherung.
Die Walser haben mit ihren Siedlungen in Streubauweise im Safiental eine reizvolle Kulturlandschaft gestaltet. Die heutige Wanderetappe ist eher eine Kultur-, denn Flusswanderung gewesen. Flüsse schaffen eben auch Kultur- und Lebensräume.