An der Tine de Conflens stürzen die Flüsse La Venoge rechts sowie Le Veyron, hinten links ganz klein sichtbar, über ihre jeweiligen Kaskaden hinunter und vereinigen sich in einem Becken vor uns. Die Landschaft ist aufregend wie in einem Abenteuerfilm, zum Beispiel der Schatz am Silbersee. Die Durchschreitung der Schlucht ist der Höhepunkt der Etappe von La Sarraz nach L’Isle. Ich empfehle, mehrere trockene Tage zuvor abzuwarten, denn der Abstieg in die atemberaubende Arena ist steil und kann glitschig sein.
Ab heute ist mit Erreichen der Fadenbrücke unterhalb Buochs die Engelberger Aa mit meinem Flüsse-Fussweg-Netz verbunden. Ich kenne jetzt den Weg von mir zu Hause bis nach Engelberg sowie dem Surenenpass.
Uebrigens habe ich für die heutige Etappe von Hergiswil nach Buochs heisse Bouillon in Thermosflaschen mitgenommen. Meine Sporttherapeutin hat mir dies wegen meines Natriumdefizits empfohlen. Die warme Bouillon hat mir an diesem eher frostigen Tag gut getan.
In der Adventszeit finden zahlreiche gesellschaftliche Anlässe statt, so dass ich nicht immer hinaus in die Wildnis komme. Da ist das disziplinierte Training zu Hause noch wichtiger. Das liebe Hausbewohner-Paar im sechsten Stock hat seine Türe adventlich geschmückt. Nach meiner Heimkehr nach Anlässen habe ich noch meine neun Stockwerke bzw. 1’008 Treppenstufen absolviert. Manchmal gehe ich dazwischen alle neun Stockwerke mit jeweils zwei Treppenstufen aufs Mal hinauf. Das stärkt die Muskeln noch mehr und fordert den Gleichgewichtssinn zusätzlich. Immer wieder gehe ich mehrmals alle neun Stockwerke mit einem vier bis fast sieben Kilo schweren Rucksack hinauf. Dies kräftigt die Beckenmuskulatur enorm, ebenfalls die Motorik. Hinunter geht es mit dem Lift. Ein Treppenhaus in einem mehrstöckigen Gebäude ist auch ein Gym.
Die Engelberger Aa ist noch nicht mit meinem Flüsse-Fussweg-System verknüpft. Weil ich an der Venoge erst weiter mache, wenn es für den bevorstehenden glitschigen Pfad trocken ist, nutze ich das Föhnwetter, eine erste Etappe von Luzern mit dem Reussabfluss nach Hergiswil zu gehen.
Beim Wagner-Museum bei Tribschen frage ich mich, wie die häufigen, dramatischen Wetterlagen am Vierwaldstättersee mit seiner wuchtigen Bergwelt-Kulisse Richard Wagner beim Komponieren inspiriert haben. Da ertönt in meinem inneren Ohr bereits die Ouvertüre zu Wagners Fliegendem Holländer.
Heute erlebe ich ein eindrückliches Beispiel der Lebensmittelverschwendung. Auf meinem Weg von Cossonay nach La Sarraz komme ich an einem Feld vorbei, auf dem noch essbare Karrotten verrotten, weil sie nicht in die Norm passen oder leicht aufgesprungen sind. Sie sind noch frisch und ich packe die drei Exemplare oben ein. Im Logbuch sind sie sauber herausgeputzt abgebildet. Daraus koche ich eine schmackhafte Suppe.
Die heutige Etappe führt mich nach La Sarraz. Das Schloss über dem Städtchen sitzt genau auf der Rhein-/Rhone-Wasserscheide und ich blicke vom Schlosspark aus auf die Seite des Rhein-Fluss-Systems.
Das regnerische Wochenende ist eine gute Gelegenheit, am Reformationssonntag wieder in die Kirche zu gehen. Bevor der starke Regen eingesetzt hat, habe ich noch 1’100 Flugblätter für die Atomkraft-Ausstiegsinitiative in die Briefkästen der Nachbarschaft gesteckt und hoffe auf ein Ja.
Natürlich habe ich auch gründlich trainiert. Bereits am Donnerstagabend bin ich mit dem fünf Kilo schweren Rucksack fünf Mal die neun Stockwerke hinaufgestiegen, um Kraft, Ausdauer und Koordination verschärft zu trainieren. Heute habe ich zuerst eine halbe Stunde lang in die Pedalen des Hometrainers getreten und bin nachher noch über 1’000 Treppenstufen hinauf gestiegen.
Ein begabtes Ehepaar dekoriert seine Wohnungstür immer der Jahreszeit und den Festtagen entsprechend neu, so dass ich mich bei jeder Runde an den originellen Dekors erfreuen kann. Danke, liebe Nachbars-Leute!
Auf meiner heutigen Kurz-Etappe von Vufflens-la-Ville nach Cossonay hat es mir die putzige Standseilbahn vom Bahnhof in die Altstadt von Cossonay angetan. Sie wirkt wie ein Spielzeug, wird aber dort als Tram bezeichnet. Ich habe beim Aufstieg in die sehenswerte Altstadt einen günstigen Moment zum Fotografieren abgewartet.
Die Venoge ist ein in der Deutschschweiz weitgehend unbekannter Fluss im Kanton Waadt. Sie darf in einem naturbelassenen Flussbett zwischen Bussigny und St. Sulpice mäandrieren, Inselchen und Tümpel bilden und ist von einem struppigen Ufergehölz gesäumt. Ich bin überrascht gewesen, in der Agglomeration Lausanne eine solche Wildnis-Landschaft anzutreffen. Meine erste Etappe hat von St. Sulpice zum Städtchen Vufflens-la-Ville geführt.
Auf meinem Weg durch das Gebiet namens Envers des Convers zur Quelle der Suze oder Schüss begleitet mich Renan. Ich nenne ihn so, weil auf seiner Steuermarke Renan sowie die Nummer steht. Renan könnte auch ein passender Hundename sein. Er setzt sich neben mich, als ich einmal raste. Dabei springt für ihn in Form von Stückchen meiner Getreidestengel etwas ab. Der sympathische Schlaumeier passt in dieses Tal mit seinen besonderen Persönlichkeiten und Nachkommen verfolgter Minderheiten. Bei Le Cerf bleibt er zurück, da hört sein Revier offenbar auf.
Dann widme ich mich der Erkundigung der Fluss-Quelle oberhalb von Le Cerf, ab der La Suze offenbar ganzjährig fliesst. Ab ihrer Quelle bei Prés de Suze weiter oben auf neuenburgischem Boden fliesst die Schüss vermutlich nur bei starkem Regen, ist ihr Bett ausgetrocknet. Ich schliesse das Projekt mit dem Aufstieg auf die Vue-des-Alpes ab.
Ich nutze den Ausfall der Hippotherapie heute Morgen, um entlang der sich herbstlich färbenden Wälder des Juras von St. Imier nach Renan zu wandern. Die für den Jura typischen Kalkfelsen säumen die Wanderwege an manchen Stellen. Reizvoll ist es, wenn die Sonne durch den Nebel dringt und ihr Licht mit den Farben spielt.